Mittwoch, 24. Oktober 2012

Navis-Tal, Meran, Martell-Tal

"Zeit ist Geld", soll daran erinnern, in jedem Augenblick tätig sich um sein Mehr-und-Mehr zu mühen. Jahrzehnte prägte dies Gefühl meine berufliche Professionalität. "Zeit ist Leben", erinnert mich mittlerweile daran, dass mein Leben wie in der Anzeige einer Sanduhr zum Stillstand kommt.

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Sauwohl fühlen sich die beiden Schweine in ihrer vom Zaun eingegrenzten Freiheit. Die letzten sonnigen Oktobertage ziehen mich in die Wildnis. Wer den Mittleren Ring durch München bis zur Autobahn nach Garmisch geschafft hat, kann aufatmen. Mit Genuß und Vergnügen ziehen die bunt gefärbten Bäume vorbei. Die Berge rücken mit jedem Kilometer in Ehrfurcht heischender Majestät näher. Am Kochelsee ist, 60 Kilometer etwa von der Stadtgrenze München Süd, erstmal Ruhe und Rast.


Das Wasser im See ist eiskalt. Doch die Sonne heizt, trocknet und vertreibt die Kälte. Das Kloster in Schlehdorf zeigt die gleiche Grausamkeit im Deckengemälde, welche täglich die Zeitung berichtet aus aller Welt.


Bislang hat der Kochelsee mich mit seinem Zauber immer wieder vergnügt und glücklich werden lassen. Der Holzabladeplatz in Schlehdorf bietet zumindest an arbeitsfreien Tagen ein ruhiges Refugium.
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Holz vor und hinter meiner Hütt'n, der See in Sichtweite, Sonne satt - einen solchen Tag verzeichnet man dankbar im Bayrischen Bilderbuch als Fest.


Die Klosterkirche in Schlehdorf erinnert an die Vergänglichkeit auch der allerschönsten Tage: "Hier liegt der wohledle Herr Georg..." Die Zeit verfliegt. Es gilt, diese Herrlichkeit sich nutzbar zu machen, um sich so besser für dunklere und schwere Zeiten zu wappnen.
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Noch durchflutet die Klosterkirche in Schlehdorf das Sonnenlicht. Doch schon gegen 17.00 wirft der Herzogstand lange Schatten über den See.
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Leider fehlt mir zu solch herzinnigem Kosen meine liebe Frau auf dieser Fahrt in die Wildnis. Sie arbeitet selbst noch am Wochenende, um am Weihnachtsmarkt ihre handwerkliche Kerzenkunst anzubieten.


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Mein unvergleichlich stilles und geliebtes Nachtquartier in Einsiedl. Die sinkende Sonne färbt den Herzogstand. Das Gewässer vom Walchensee liegt in abweisender grau-grüner Kälte. Nur leises Zurren ist vom Walchenseekraft bei Einsiedl zu vernehmen, wenn man daran vorbei geht. Mit Einbruch der Dunkelheit und dem Fallen der Temperatur Richtung Gefrierpunkt stört kein Laut mehr von der Straße. Nur der Lüfter der Heizung kämpft mit leisem Rauschen gegen die Kälte im Wagen. Die Scheiben im Führerhaus isolieren Matten und Vorhänge. Die drei Dachluken sind wie alle Fenster mit isolierendem Lichtschutz-Jalousien verhängt. Den Platz in Einsiedl, der im Winter mir oftmals allein gehörte, belegen in dieser Nacht mehr als 20 Mobile. Doch keiner stört den andern. Selbst wenn noch ein Reisender nachts eintrudelt, brummt nur leise und niedertourig ein Motor.

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Der Sonntag Morgen erlaubt eine ruhige Fahrt von Einsiedl nach Innsbruck, ohne die Autobahn extra zu bezahlen. Die Schneegrube liegt in den kahlen Felswänden des Karwendelgebirge.
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Resi im Navistal bleibt jung und munter. Vor 40 Jahren gaben der Bauer Hans und seine Resi mir in einer erste Sommersaison Arbeit als Almhirte in 1881 Meter Höhe.

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Der Bauernhof ist unverändert und für Tirol typisch: Unter einem Dach leben Menschen und Tiere. Der hinter dem Wohnkomplex angebaute Stall bietet für etwa 20 bis 25 Rinder Platz.
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Der Blick aus dem Navistal fällt auf die Serles, Autobahn, Bahngleise und die alte Brennerstraße führen durch Matrei. Von Matrai geht die Landstraße etwa 10 Kilometer in das Navistal hinein. Zu den Almen führen Forststraßen.
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Wer die Serles geschafft hat, überblickt bei klarem Wetter Innsbruck und das Inntal.
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Der Berg ist ständig in Bewegung. Deswegen muss die Agragemeinschaft die Forstwege dauernd sichern. Mit schwerem Gerät wird der Hang mit Baumstämmen und eingerammten Eisenbahnschienen gesichert.
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Meine Sommeroase von 1972 und 1976 wird immer komfortabler. Der Balkon ist ebenso neu wie das solide Blechdach. 2012 baut der junge Bauer sogar ein fünf KW-Kraftwerk an den Stall. Die Turbine treibt der Gebirgsbach an, um mit dem Strom die Kühe zu melken und mit heißem Wasser die Milchgeräte zu reinigen und sogar zu duschen. Vor 40 Jahren erhitzten wir in großen Töpfen in der Sommersonne das Gebirgswasser, um uns damit zu waschen.
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Der Blick von der Alm ins sonnige Tal ist immer wieder überwältigend.
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Die Hütte der Vöstn-Alm soll schon vor 40 Jahren 200 Jahren gestanden haben.
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Vor 40 Jahren waren für mich nach dem Anstieg der ersten 1000 Höhenmeter auf die Alm noch die nächsten 1000 Höhenmeter bis in die Gipfel zu schaffen. Dort standen die Ziegen, um den Sonnenuntergang in großer Höhe zu genießen. Doch sie ließen sich gerne zum Melken in den Stall locken. Dazu muss man allerdings hinter ihnen gehen.
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Die untergehende Sonne verzaubert mit ihrem Farbspiel die Landschaft.

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Bei der Fahrt über den Brenner können sich die müden Muskeln von der Almwanderung erholen. In Sterzing zweigt die alte Brennerstraße ab zur wilden, romantischen Jaufenpaßfahrt.
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Vor uralten Zeiten, vor Jahrhunderten also, hat mal ein König im Gasthaus in Sterzing logiert. Mit der Krone wirbt der Wirt bis heute.
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Das Wirtshaus am Jaufenpaß liegt auf der 2000 Meter von Schnee umkränzt. Doch die Straße ist frei.
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Überwältigender Gipfelblick vom Jaufenpaß
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Von über 2000 Meter Höhe schraubt sich dann die Jaufenpaßstraße auf etwa 40 Kilometern Länge bis auf das 320 Meter hoch gelegene Meran hinab.
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Meran hält mich nur eine Nacht, obgleich diese Partnerstadt von Salzburg viele Wunder birgt.
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Eines dieser Wunder in Meran ist die Therme. Der Eintrittspreis für Therme plus Sauna ist doppelt so teuer für fast nur die halbe Zeit wie in einem städtischen Bad in München.
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Herr und Hund können sich in den benachbarten Frisiersalons gleichzeitig vewöhnen lassen.
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Bevor mich der Reschenpaß wieder zurück Richtung Österreich bringt, geht die Fahrt in das Matell-Tal.
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Die Erdbeer-Wochen im Martell-Tal sind zwar schon vorbei, doch wenn der Himmel nicht einstürzt, sollte es 2013 wieder neue Erdbeeren geben. Doch das Mädel auf dem Plakat erinnert mich an meine Mimamai daheim, als sie als Kind im Martell-Tal mit ihren Eltern dort herum tollte.
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Ein gewaltiger Felsbrocken überragt die Kapelle "Maria in der Schmelz".

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Der Zufritt-Stausee liegt auf 1852 Meter Höhe. Von dieser Höhe aus geht meine nächste kleine Tour auf mittlerweile verlassene Almen.
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Die gegenüberliegenden Berggipfel zoomt die Kamera in greifbare Nähe.
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Wasser und Eis und der Zahn der Zeit haben diesen Felsbrocken in der Mitte auseinander gebissen.
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Die Tour zur Peder-Stier-Alm sollte in zwei Stunden zu schaffen sein, meint die Tafel im Tal. Nach fünf Stunden, als die Sonne sich hinter die Gipfel schon verzogen hat, bin ich wieder im Auto, was mir mein Nachtquartier in großer Höhe gibt. Doch von den 1000 Höhenmetern Almgang im Navistal schmerzen mir immer noch die Muskeln. Zudem macht meinen Lungen die ungewohnte Höhe über 2000 Meter zu schaffen. Allerdings verging die Zeit bei einem geruhsamen Schlaf auf dem Tisch vor der einsamen Hütte auch wie im Flug.
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Dafür schmeckt das Wasser aus der Almquelle nach der Wanderung wie Sekt - mir jedenfalls.
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Letzte Sonne, erster Mond - Zeit mein heimisches Auto zu erreichen.
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Die letzte Sonne färbt den Gipfel, bevor mein rollendes Heim erreicht ist.
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"Indikative Gehzeit 2 Stunden" bei 394 Meter Höhendifferenz. Der diesen Wert ermittelt hat, ist wohl mehr gelaufen als gegangen. Die einsame Nacht am Zufritt-Parkplatz zeigt mir einen wunderbaren Sternenhimmel. Keine Lichtverschmutzung erhellt die Nacht. Mond und Sterne zeigen sich in all ihrer Pracht. Das Thermometer geht gegen den Gefrierpunkt. Die Abfahrt auf der teils nur einspurigen Straßen mit zehn Haarnadelkurven vor der Staumauer ist abenteuerlich. Im Morgengrauen wären zwar Scheinwerfen entgegenkommender Fahrzeuge zu sehen. Doch es begegnet mir kein Fahrzeug bei der Abfahrt aus 1900 Meter Höhe bis auf 650 Meter Höhe in Goldrain. Weil zudem die Straße trocken und griffig ist, steht mein rollendes Haus beim ersten Tageslicht an der Etsch in Goldrain, Bäcker und SPAR-Laden gleich in der Nähe. Der nächste kleine Ausflug kann beginnen. Langsam kommt der Körper wieder in Schwung.
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Sonnenaufgang in Goldrain. Schon wieder ruft der Berg zu einem kleinen, geruhsamen Ausflug. Die schattige Morgenkühle erleichtert den Aufstieg.
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Die Palme neben dem Haus am Berg beweist: Das Klima ist weitaus milder in Südtirol als in Tirol. Die Esskastanien purzeln in Mengen hinab. Nüsse liegen ungenutzt auf Garagendächer. Bienen summen um ihre Stöcke. Weinreben färben sich herbstlich golden. Nur die meisten Äpfel sind schon geerntet.
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Schloss Annenberg schimmert durch das Blattwerk auf 1050 Meter Höhe über mir vom Panormaweg über dem Etsch-Tal. Doch soweit wollen mich heute meine Füsse denn doch nicht tragen.
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Mir reicht der wunderbare Blick ins Tal, hier auf das Schloss Goldrain, welches auf der Sonnenseite der gleichnamige Ortschaft liegt. Ringsum liegen Apfelplantagen, welche sich überall durch das Etsch-Tal ziehen bis hin nach Meran und darüber hinaus.
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Die Berge in Richtung zum Reschen-Paß zeigen ihre weiß umkränzten Häupter. Drunten im Tal mehr die Natur den Reichtum der Bewohner mit ihrer üppigen Fruchtbarkeit.
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Tanzende Fontänen bewässern die Apfelplantagen. Ständig fließt Wasser von den Bergen ins Tal, füllt die Etsch. Nur die Energie wird immer teurer. Modernere Apfelplantagen bewässern punktgenau aus Leitungen jede Pflanze einzeln. Bienen bestäuben die Blüten. Der Kreislauf der Natur erscheint mir hier perfekt organisiert und gut geregelt.
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Den Tisser-Bach überspannt eine schwingende Hängebrücke, die - laut dem Schild - nicht höher als mit 500 Kilo zu belasten ist.
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Die Sonne verzaubert Felsen und Pflanzen mit skurrilen Lichteffekten. Sich von diesen Wundern bezaubern zu lassen, entschädigt vielfach für die Mühen des Wandern.
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Ohne diese Hängebrücke wäre der Tisser-Bach nicht passierbar. Obgleich derzeit nur ein kleines Rinnsal sich ins Tal stürzt, haben die Wasser in Millionen von Jahren eine tiefe Schlucht in steil abfallende Felsen gefräst.
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Licht und Schatten: Der Tisser-Bach trennt die Sonnen- von der Schattenseite, welche die Hängebrücke verbindet.
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Die Kirche von Tiss liegt über den Apfel-Plantagen, die wie gut gekämmt in Reihe stehen. Von dort sind es nur noch wenige Schritte bis an das angrenzende Dorf Goldrain. Das Auto steht gut gekühlt im Schatten der Bäume am Ufer der Etsch. Leider kann so das Solarmodul keinen Sonnenstrom tanken.
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Noch einmal das Ballett der Wasserfontänen über den Apfelbäumen. Davor fließt der Etsch, auf dessen Uferstraße der Lastwagen in Richtung Meran rollt. Hinter dem Apfelbaum-Feld führt eine Eisenbahntrasse. Auch die Schnellstraße Meran-Reschenpass findet, neben den anmutigen in den Berg sich schmiegenden Siedlungen, noch ihren Platz im breiten Etsch-Tal.
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Das Bild der reichlich am Boden verstreuten Esskastanien wäre besser verborgen geblieben. Denn meine Frau daheim hätte mit Freuden diese Früchte gesammelt und schmackhaft zubereitet. Doch mein lustiges Rentnerleben bleibt ungetrübt von solcher Sammelleidenschaft. Mit dieser bunten Bildersammlung hat meine geruhsame Schreibtisch-Tätigkeit im sonnigen Parkplatz bei AquaForum in Latsch genug geleistet. Bevor mich hier die früh fallende Dunkelheit in die kühle Nacht einstimmt, verbessert die Sauna im AquaForum sicherlich meine Nachtruhe.
In Schlanders gelingt es mir die Daten  online zu stellen. Meine liebe Frau daheim hat schon mehrmals am Telefon danach gefragt. Ohne große Korrekturen also hoch mit dem Material, damit mich noch die Sauna heute abend aufheizt vor der kalten Nacht.

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